Windgeräusche ausschalten

Der Fahrtwind, der uns um den Kopf rauscht, ist eines der großartigsten Gefühle beim Motorradfahren, aber er ist auch ein Grund, warum viele von uns nicht mehr so gut hören

Text von John Sandberg

Als Motorradfahrer sind wir genau wie Heavy-Metal-Musiker und Menschen, die mit Presslufthämmern oder Kettensägen arbeiten, einem Geräuschpegel ausgesetzt, der mit einem hohen Risiko für dauerhafte Hörschäden verbunden ist. Die schlechte Nachricht ist, dass unser Gehör dauerhaft und zunehmend geschädigt wird, je länger und je häufiger wir dem Lärm ausgesetzt sind. Das bedeutet, dass der Hörschaden immer schlimmer wird. Die gute Nachricht ist, dass wir den Hörschaden leicht verhindern können.

Schädliche Dezibel
Längere Belastung durch Lärm schadet unserem Gehör, weil dadurch die tausende als Haarsinneszellen bezeichneten Härchen im Inneren der Hörschnecke buchstäblich platt gemacht werden. Diese winzigen Haare werden von Schallwellen in Schwingungen versetzt. Sie verwandeln dabei die mechanische Energie des Schalls in elektrische Impulse, die über den Hörnerv ins Gehirn geleitet werden. Wir werden mit 16.000 bis 20.000 dieser schallempfindlichen Haarzellen geboren. Wenn sie durch zu hohen Schalldruck beschädigt werden, erleiden wir einen Hörschaden. Das Schlimme ist, dass diese Härchen nicht nachwachsen.  Lärmbedingte Hörschäden sind deshalb subtil, kumulativ und dauerhaft.

Tatsächlich sind lärmbedingte Hörschäden die häufigste dauerhafte und vermeidbare Berufskrankheit der Welt. Die meisten Hörschäden am Arbeitsplatz entstehen nicht durch ein einzelnes lautes Geräuschereignis, sondern allmählich im Laufe der Zeit aufgrund längerer und wiederholter Exposition gegenüber erhöhten Schallpegeln. Die gleiche Art von Belastung, der wir als Motorradfahrer ausgesetzt sind.

Untersuchungen zufolge gilt: Je lauter der Schall ist, desto kürzer ist die Zeit, in der unser Gehör ihm ausgesetzt sein kann, ohne Schaden zu nehmen. Die Schallintensität wird in Dezibel (dB) gemessen, und ihre Skala ist logarithmisch. Das bedeutet, dass ein Geräusch, bei dem 70 dB registriert werden (z. B. ein Staubsauger), als zehn Mal lauter empfunden wird als eines, bei dem 60 dB gemessen werden (z.B. ein typisches Gespräch zwischen zwei Personen, die einen Meter voneinander entfernt stehen).

Jahrzehntelange Studien belegen, dass ein dauerhafter Hörschaden schon bei acht Stunden anhaltender Exposition über 85 dB (z. B. ein durchschnittlicher Rasenmäher) auftreten kann. Wenn der Schallpegel 100 dB übersteigt, kann es sogar innerhalb von nur zwei Stunden zu einem dauerhaften Hörschaden kommen. Bei 115 dB verkürzt sich der Grenzwert auf 15 Minuten. Und jetzt kommt es: Beim Fahren eines Motorrads bei Autobahngeschwindigkeit sind die ungeschützten Ohren in der Regel mehr als 100 dB ausgesetzt. Je nach Geschwindigkeit kann der Wert auch auf bis zu 110 dB steigen.

Es stimmt zwar, dass unterhalb von 64 km/h Geschwindigkeit die Auspuff-, Motor- und Abrollgeräusche die vorherrschenden Schallquellen sind, aber darüber ist die größte Lärmquelle, die Motorradfahrer erleben, der Fahrtwind. Diese Flut von Geräuschen belastet unsere Ohren mit allem von niederfrequenten Vibrationen bis hin zu hochfrequentem Heultönen.

Eine Verkleidung am Motorrad und ein Helm auf dem Kopf können diesen Geräuschpegel dämpfen, indem sie den Fahrtwind über den Fahrer hinweg und um ihn herum leiten. Das tun jedoch nicht alle Verkleidungen und Helme, und deshalb reduzieren sie auch nicht den Geräuschpegel. Einige Windschutzscheiben und Helme verstärken die Windgeräusche sogar.

Die einfache Lösung
Die gute Nachricht ist allerdings, dass wir windbedingten Hörschäden einfach und kostengünstig vorbeugen können, indem wir simple Gehörschutzstöpsel aus Schaumstoff verwenden. Schaumstoff-Ohrstöpsel sind in einer Vielzahl von Arten und Materialien bei fast allen Motorradhändlern zu haben und bieten genau die Schalldämmung, die Biker brauchen. Die meisten Gehörschutzstöpsel aus Schaumstoff reduzieren den Lärmpegel um 30 bis 32 dB, was genau der Dämpfung entspricht, die erforderlich ist, um den Lärm auf Autobahnfahrten von 105 bis 110 dB auf unkritische 80 dB zu reduzieren. Genauso wichtig ist, dass Schaumstoff-Ohrstöpsel bequem zu tragen sind, ganz gleich, ob man einen Motorradhelm trägt oder nicht.

Einige Biker stehen der Reduzierung von Fahrgeräuschen durch Ohrstöpsel skeptisch gegenüber. Sie behaupten immer wieder, dass sie mit Ohrstöpseln nicht in der Lage seien, den Motor ihrer Maschine, den Lärm des umgebenden Verkehrs, akustische Signale und alles, was um sie herum passiert, wahrzunehmen. Tatsache ist jedoch, dass Ohrstöpsel nicht alle Geräusche unterdrücken. Sie dämpfen lediglich den Geräuschpegel, den man wahrnimmt. Das Motorgeräusch, vorbeifahrende Autos, Hupen, Sirenen und andere akustische Signale sind auch beim Tragen von Ohrstöpseln noch zu hören. Tatsächlich sind sich die meisten Biker einig, dass Ohrstöpsel Hintergrundgeräusche wie den Fahrtwind so weit reduzieren, dass die wirklich wichtigen Geräusche besser wahrzunehmen sind.

Ein weiterer Vorteil des Tragens von Ohrstöpseln könnte sogar noch wichtiger sein als die Schonung des Gehörs: Sie verlangsamen die Ermüdung. Übermäßiger oder anhaltender Lärm kann die Herzfrequenz erhöhen, die Müdigkeit fördern und Angstzustände auslösen, die Muskelverspannungen bewirken, den Blutdruck anheben und die Wahrscheinlichkeit von Unfällen erhöhen.

Immer noch skeptisch? Probiere Ohrstöpsel auf einer Fahrt aus, die mindestens eine Stunde dauert, und fälle dann Dein Urteil. Ohrstöpsel schützen nicht nur Dein Gehör, sondern helfen Dir auch, entspannter und konzentrierter zu fahren. Das sollte Musik in den Ohren eines jeden Motorradfahrers sein, der sicher ans Ziel kommen will.

Nicht überall erlaubt
Man kann es allerdings kaum glauben: Wenn man ohne Ohrstöpsel fährt, riskiert man dauerhafte Schäden an seinem Gehör, aber in einigen Ländern riskiert man eine Strafe, wenn man mit Ohrstöpseln fährt.

Die meisten europäischen Länder verbieten oder beschränken das Tragen von Ohrstöpseln beim Motorradfahren nicht. In einige Länder ist es allerdings je nach Auslegung der Vorschriften illegal. In Spanien zum Beispiel sind Ohrstöpsel beim Fahren im Straßenverkehr genauso illegal wie Ohrhörer, Kopfhörer und Headsets. Man sollte sich deshalb vor einer Reise über die Beschränkungen in den einzelnen Ländern informieren.

Hast Du eine Geschichte oder eine Meinung zum Thema lärmbedingte Hörschäden? Wenn ja, dann nimm Kontakt zu uns auf.


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