
Handwerkskunst aus Stahl mit Seele
Inspiriert von der Tradition und der Widerstandskraft seines Landes stellt der libysche Custombuilder Khairy Shaban Bikes auf die Räder, die Geschichten erzählen
Text und Fotos von Amani Mahdi
Im Herzen von Tripolis, das traditionell von Konflikten geprägt ist, hat ein Mann einen Raum geschaffen, in dem der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind. Der Fotograf und Künstler Khairy Shaban ist einer der innovativsten Custom-Bike Builder Libyens – er nutzt Harley-Davidson® Motorräder wie ein Maler Leinwände nutzt. Als Besitzer der einzigen Werkstatt des Landes, die sich auf Harley-Davidson Custom Builds spezialisiert hat, ist Khairy zu einem Symbol für Resilienz und Leidenschaft geworden, so wie seine Werkstatt “Vandals” ein Zeugnis für Trotz, Freiheit und die transformative Kraft der Kunst ablegt.
Khairys Reise in die Welt der Custom-Motorräder hat in der Isolation des COVID-19 Lockdowns begonnen. Er saß zu Hause fest und hatte nicht viel mehr als Zeit und den brennenden Wunsch, etwas zu schaffen. Mit einer begrenzten Ausstattung an Werkzeugen und ohne wirkliche Ausbildung tauchte Khairy in die Kunst des Customizing ein, wobei ihm nichts anderes als seine Vorstellungskraft zur Verfügung stand, wovon er sich hätte leiten lassen können. “Anfangs wusste ich nichts über Bike Building, aber ich habe es im Laufe der Zeit herausgefunden”, sagt er. “Vandals”, also Vandalen – benannt nach dem alten germanischen Stamm, der einst über Libyen herrschte – wurde zu einem Heiligtum, in dem Khairy seinem kreativen Geist freien Lauf lassen kann. “Ich fühlte mich von der Idee beseelt, meinen eigenen Stil zu entwickeln und libysche Traditionen in das Design einfließen zu lassen. Ich wollte, dass meine Bikes Geschichten erzählen, die moderne Handwerkskunst mit der reichen Geschichte meines Landes verbindet.”


Sein erstes großes Projekt war eine Harley-Davidson Road King® aus dem Jahr 2013, die er in ein rohes, von Kämpfen gezeichnetes “Rat Bike” verwandelte. Seine Inspiration war das von der Wüste geprägte Stadtbild, das ihn umgab, mit einer militärischen Ästhetik, die tief in Khairys Vision Nachhall findet. “Ich wollte das Aussehen von etwas einfangen, das einen Sturm über sich ergehen lassen musste, aber immer noch die Kraft hat weiterzumachen”, erklärt er. Khairy zerlegte das Motorrad bis auf den Rahmen, schliff das Chrom-Finish ab und lackierte die Maschine stattdessen mit speziell angefertigten Auto-Acrylfarben. Das Ergebnis? Ein matter Look, der Unzerstörbarkeit ausstrahlt. Die Sitzbank hat er durch den Einzelsitz einer Road King Police ersetzt, und für das Heck hat er maßgeschneiderte Satteltaschen im Militärstil geschaffen, um zusätzlichen Stauraum bereitzustellen. Um den Look abzurunden, hat Khairy den Lenker gekürzt und dem Bike eine schlanke, minimalistische Silhouette verliehen, die die zweckorientierte Ethik seiner Heimat widerspiegelt. “Für mich geht es nicht nur darum, ein Bike zu bauen, sondern etwas zu schaffen, das sich persönlich anfühlt”, reflektiert er. “Wenn man etwas fährt, das man mit seinen eigenen Händen gebaut hat, ist das ein Erlebnis und mehr, als nur von A nach B zu kommen.”
Ermutigt durch den Erfolg seiner Road King hat Khairy sich als Nächstes eine Harley-Davidson Fat Boy® von 2005 vorgenommen. Dieses Mal hat er sich das minimalistische Ethos des Bobber-Stils zu eigen gemacht, das ein Bike auf das Wesentliche reduziert und sich auf das konzentriert, was wirklich wichtig ist. “Es sollte ein leichteres, schnelleres Bike werden, das sich agiler anfühlt”, sagt er. “Aber ich wollte auch, dass es eine Vintage-Ausstrahlung hat, fast schon ein Hipster-Flair – etwas, das nicht jeden Umbau auszeichnet.”
Jedes Teil des Fat Boy Builds wurde akribisch daraufhin angefertigt. “Wenn ich eine Bike baue, denke ich immer darüber nach, wie alles zusammenpassen kann, wie es fließt. Es geht um mehr als nur um die Maschine. Es geht um die Geschichte, die sie erzählt, und um die Freiheit, die sie symbolisiert.” Obwohl die libysche Custom-Bike Szene noch in den Kinderschuhen steckt, schlägt Khairys Arbeit bereits Wellen. “Die meisten Leute hier lieben Chrom und den polierten Look, aber das ist nicht mein Stil”, sagt er. “Für mich ist ein Custom-Bike ein Statement. Es geht darum, den Mut zu haben, sich von der Masse abzuheben, etwas wirklich Eigenes zu schaffen. Es ist nicht einfach, Bikes ohne eine echte Ausbildung und nur mit begrenzten Ressourcen aufzubauen, aber ich war hier der Erste, der verschiedene Stile ausprobiert hat, und ich hoffe, dass das andere dazu ermutigen wird, das Gleiche zu tun.”


In der Tat hat Khairys Arbeit bereits begonnen, eine neue Generation von Bikern zu inspirieren. “Immer wenn ich meine Bikes raushole, sind die Leute erstaunt und verblüfft, wenn sie erfahren, dass ich sie selbst gebaut habe”, lacht er. “Mich haben auch schon die Soldaten an den Checkpoints gefragt, aus welchem Film ich geflohen bin, weil sie so etwas noch nie gesehen haben. Sie waren so fasziniert von den Bikes, dass sie vergessen haben, mich zu kontrollieren und stattdessen nach einem Foto von mir gefragt haben.”
Der Weg zum Erfolg war allerdings auch zeitweise steinig. In einem Land, in dem es keinen offiziellen Harley-Davidson Händler gibt und in dem politische Instabilität den Handel behindert, ist die Beschaffung hochwertiger Teile eine der größten Hürden für Khairy. “Es ist nicht einfach”, gibt er zu. “Manchmal dauert es Monate, bis bestellte Lieferungen ankommen, und selbst dann bleiben sie oft beim Zoll hängen. Aber das ist eben Teil der Herausforderung. Ich habe gelernt, Einfallsreichtum zu beweisen.” Trotz solcher Rückschläge bleibt Khairys Engagement für seine Vision unerschütterlich. Seine Werkstatt ist zu einem Treffpunkt für lokale Motorradfans geworden, die nicht nur wegen der Teile, sondern auch wegen der Inspiration kommen, und in Zukunft will er mehr als nur Motorräder bauen. “Ich möchte einen Concept Store schaffen – einen Ort, an dem sich Gleichgesinnte und Kreative treffen können, um die Bikes als Kunstwerke zu erleben, jedes mit seiner eigenen Geschichte”, sagt er. “Die Custom-Bike Szene in Libyen ist noch jung, aber ich sehe viel Potenzial. Es gibt hier eine Menge ungenutzter Talente, und ich möchte dazu beitragen, diese zu fördern. Ich möchte den Menschen zeigen, dass sie mit ihren eigenen Händen etwas Schönes erschaffen können.”







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