Das Jack Pine Rennen

Als Harley-Davidson Fahrer sucht man heutzutage seine Freiheit jenseits der Städte. Doch in den Kindertagen des Motorrads gingen einige Biker in Sachen Natur noch viel weiter: Sie stellten sich extremen Herausforderungen

ENDURANCE- ODER KURZ „Enduro“-Rennen gibt es, seit es Motorräder gibt. In den frühen Jahren der Motorisierung stellten die Clubs ihre Mitglieder nur allzu gern hinsichtlich ihres Fahrkönnens und ihrer Ausdauer auf die Probe. Bei solchen Enduro-Events ging es oft weniger um die Geschwindigkeit, als um die Gleichmäßigkeit der Fahrt.  

Motorradherstellern eröffneten solche Wettbewerbe die Chance, die Robustheit ihrer Bikes publikumswirksam unter Beweis zu stellen. Und wenige Veranstaltungen erlaubten es, den Mund in dieser Hinsicht so voll zu nehmen, wie das alljährliche Jack Pine Race in Michigan. Der berühmte Hauptpreis der vom Lansing Motorcycle Club gegründeten Rennen war eine Kuhglocke, die 1923 erstmals vergeben wurde. In jenem Jahr gewann sie Oskar Lenz. Lenz war als Händler für die Marken Thor und Henderson aktiv, bevor er 1910 zu Harley-Davidson wechselte. Er ging in den ersten 14 Jack Pine Rennen an den Start und übernahm später die Organisation der Veranstaltung.  

Die frühen Jack Pine Rennen waren dreitägige 800-Meilen-Events, bei denen die Teilnehmer im Schnitt exakt 24 Meilen pro Stunde zurückzulegen hatten. Das klingt einfacher als es war. Schließlich galt es, Bäche und Flüsse zu durchqueren und sich über Sanddünen und durch dichte Wälder zu pflügen. Lag einem Fahrer ein Baum im Weg, so war das allein sein Problem. Die Teilnehmer modifizierten ihre Bikes mit hohen, seitlich offenen Fendern und mit Stollenreifen, die zuweilen in Handarbeit entstanden, um Morast und Sand Paroli bieten zu können.  

Nicht nur die mörderische Route durch Berg und Tal sondern auch die Regeln waren unbarmherzig. Jeder Fahrer startete mit einem 1.000-Punkte-Konto, von dem ein Punkt für jede volle Minute abgezogen wurde, die er zu früh oder zu spät an einem der Kontrollpunkte eintraf. Ein Reglement von 1933 empfahl für die Kontrollpunkte, an denen es erlaubt war, anzuhalten: „Während Sie warten, können Sie Öl und Benzin tanken, aber fahren Sie nicht im Ort herum und präsentieren Sie nicht Ihr Bike. Sparen Sie lieber Energie und Kraftstoff – Sie könnten beides noch brauchen! Und streiten Sie sich nicht mit dem Prüfer. Er bemüht sich, jeden Teilnehmer freundlich und fair zu behandeln.“ In Sichtweite eines der geheimen Kontrollposten anzuhalten, war keinem anzuraten, und jeder, der 30 Minuten zu früh oder zu spät einen Kontrollpunkt passierte, wurde disqualifiziert.  

Mit den Jahren änderte sich der Streckenverlauf, der Event wurde auf zwei Tage verkürzt und um eine eintägige „BWertung“ ergänzt. Zudem etablierten sich diverse Klassen, um den unterschiedlichen Arten von Motorrädern gerecht zu werden. 1930 zählte sogar William H. Davidson, der Sohn des Firmengründers William A. Davidson, zu den Teilnehmern. Mit 997 von 1.000 möglichen Punkten ging er als erster Jack Pine Sieger in die Geschichte ein, der nicht aus Michigan stammte.  

Als erste Frau stand Dorothy (Dot) Robinson, die in der Gespannklasse antrat, 1940 ganz oben auf dem Treppchen. Zusammen mit ihrem Mann Earl betrieb die „First Lady des Motorradsports“ die Harley-Davidson Vertretung in Detroit. Darüber hinaus zählte sie zu den Gründungsmitgliedern des berühmten Frauen-Motorradclubs „Motor Maids“. Das Jack Pine Rennen gewann sie übrigens noch ein weiteres Mal, nämlich im Jahr 1946.  

In den ersten zwanzig Jahren des „Kuhglocken-Klassikers“ errangen Harley- Davidson® Fahrer 18 Mal den Sieg. Jahrelang dominierte die Marke den Event in zahlreichen Klassen. Der letzte Harley- Davidson Fahrer, der die begehrte Glocke im A-Solo-Klassement mit nach Hause nehmen durfte, war Gerald McGovern, der 1957 auf der brandneuen Sportster® antrat.  

Als die Ära der ausgemachten Offroadbikes begann, überließen die Milwaukee-V-Twins die Kuhglocke anderen. Doch nach wie vor künden die tiefen Furchen und die matschigen Pfade der Endurotracks von der unerschütterlichen Robustheit der Harley-Davidson Motoren und vom Wagemut der Helden längst vergangener Epochen.  

Besuchen Sie das Harley-Davidson Museum in Milwaukee, USA, und tauchen Sie tief ein in viele weitere spannende historische Themen. Informieren Sie sich unter www.h-dmuseum.com.

William H. Davidson won the Jack Pine in 1930
William H. Davidson gewann 1930 das Jack Pine Rennen


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